Kazan medical journalKazan medical journal0368-48142587-9359Eco-Vector8142910.17816/kazmj81429PersonalIn memoriam А. SamojloffRothbergerC. J.info@eco-vector.com15051931274-533233329092021Copyright © 1931, Eco-Vector1931<p>Die Einladung der Redaktion, einen Beitrag zur Gedchtnisnummer fr Samojloff zu geben, besttigt leider die mir auf Umwegen zuge kommene Nachricht von seinem Tode, der mich mit aufrichtigem Schmerz erfllt. Es ist nicht meines Amtes, die wissenschaftliche Bedeutung des Toten zu wrdigen; sicher gehrt er zu den Klassikern der Physiologie. Die Schnheit seiner Arbeiten, die Klarheit und Sorgfalt seiner Darstel lung, die Schnheit seiner graphischen Aufnahmen und die vornehme Art seiner Kritik erschienen mir von jeher als anzustrebendes Ziel. Aus sei nen Arbeiten leuchtet uns die reine Freude am wissenschaftlichen Arbei ten entgegen und man gewinnt die berzeugung, dass es ihm immer um die Sache, nie um den Effekt zu tun war.</p>Kazan Medical archiveКазанский медицинский архив<p>Die Einladung der Redaktion, einen Beitrag zur Gedchtnisnummer fr Samojloff zu geben, besttigt leider die mir auf Umwegen zuge kommene Nachricht von seinem Tode, der mich mit aufrichtigem Schmerz erfllt. Es ist nicht meines Amtes, die wissenschaftliche Bedeutung des Toten zu wrdigen; sicher gehrt er zu den Klassikern der Physiologie. Die Schnheit seiner Arbeiten, die Klarheit und Sorgfalt seiner Darstel lung, die Schnheit seiner graphischen Aufnahmen und die vornehme Art seiner Kritik erschienen mir von jeher als anzustrebendes Ziel. Aus sei nen Arbeiten leuchtet uns die reine Freude am wissenschaftlichen Arbei ten entgegen und man gewinnt die berzeugung, dass es ihm immer um die Sache, nie um den Effekt zu tun war.</p>
<p>Als ich im Jahre 1909 mit dem Saitengalvanometer zu arbeiten anfing, schrieb ich mehrmals an Samojloff um Rat. Persnlich lernte ich ihn im folgenden Jahre kennen, als er den Physiologenkongress in Wien besuchte. Er usserte den Wunsch, mich bei der Arbeit zu sehen und kam mit Max Cremer zu einem Versuch, den ich ad hoc mit Winterberg ausfhrte. Natrlich waren wir in nicht geringer Aufre gung und allerlei Ungemach lauerte auf uns. Zwar ging die Operation gut vonstatten und trug mir die anerkennenden Worte Samojloffs ein: Ich sehe, Sie sind ein grosser Vivisektor; aber als ich das Tier mit dem Galvanometer verbunden hatte, wollte sich die Saite nicht rh ren. Alles Suchen nach dem Fehler war vergebens, immer grsser wur den bei mir Unruhe und Zorn, dass dies gerade jetzt passiren msse und als gar ein grosses Flaschenelement vom Tisch gestossen wurde und die frische Sure sich ber Samojloffs schne Hose ergoss, erreichte meine Verzweiflung den Hhepunkt. Er aber nahm dies Missgeschick mit Humor auf und meinte, es gehe jedem so; man msse jahrelang bung haben, um die Methode zu beherrschen. Kaum waren Samoj loff und Cremer fort, als ich den tckischen Kontakt gefunden hatte.</p>
<p>Von nun an blieb ich mit Samojloff immer in Verbindung und wir tauschten unsere Separatabdrcke aus. Schon im Jahre 1912 erhielt ich aber eines Tages eine Sendung mit dem Postvermerk zurck, dass Adressat gestorben sei. Ich war darber ganz bestrzt, denn ich hatte Samojloff in Wien sehr Heb gewonnen. Bald aber erhielt ich wieder Separata von ihm und als ich ihm meine Freude ausdrckte, schrieb er mir folgenden Brief:</p>
<p>Sehr geehrter und lieber Herr Kollege. De mortuis aut bene aut nihil.</p>
<p>Als ich Ihren Brief durchgelesen hatte, glaubte ich meinen eigenen Nekrolog gelesen zu haben; es ist ein ganz eigentmliches Gefhl. Nun, ich bin noch unter den Lebenden auf unserem merkwrdigen Erdball und kann mich bestens fr die Ausdrcke der Sympathie mir, als dem gestor ben gedachten, bedanken. Eins werden Sie zugeben mssen: Unsere Post ist zwar nicht so weit vorgerckt, dass sie eine einfache Postkarte rich tig zustellt; an Witzigkeit fehlt es ihr aber nicht--man erklrt den Ad ressat fr tot und kmmert sich nicht mehr um die Sache.</p>
<p>Die Arbeit mit den Lebenszeichen habe ich ein paar Tage vor ihrem Brief abgeschickt. Als Belohnung dafr, dass ich nicht gestorben bin, bitte ich mir die zwei fatalen Separatabdrcke aus.</p>
<p>Mit herzlichen Grssen Ihr <em>A. Samojloff.</em></p>
<p>Nun aber muss man sich leider an den Gedanken gewhnen, dass dieser hervorragende Forscher und Mensch fr immer von uns gegangen ist. Wenn ich infolge der rumlichen Trennung nur sehr wenig Gelegen heit hatte, mit Samojloff zusammenzukommen, so habe ich doch von seiner Persnlichkeit einen tiefen und dauernden Eindruck empfangen. Bei aller Bedeutung in wissenschaftlicher Hinsicht war er einfach, be scheiden und voll Humor und gerade das reiht ihn unter die Grossen ein, whrend seine Gte ihn liebenswert machte. Diesbezglich war er Einthoven hnlich, den er kannte und verehrte. Vor einem halben Jahre hat er ihm einen schnen Nachruf im Amer. Heart Journal ge schrieben.</p>
<p>Ich sah Samojloff bei den Physiologenkongressen in Stockholm (1926) und in Boston (1929) wieder und trug usser dem Genuss auch reichliche Belehrung heim. Bei beiden Gelegenheiten waren wir viel bei sammen und sprachen ber alles Mgliche, vor allem natrlich ber die wissenschaftlichen Fragen die uns beide interessirten.</p>
<p>Der letzte Brief, den ich erhielt, stammt von 4.12.29. Erschrieb:, Es freut mich, dass Sie unser Plaudern in Amerika in Ihrer Erinnerung gut aufnehmen. Ich habe den ausgesprochenen Wunsch, einmal nach Wien zu kommen und unser Plaudern fortzusetzen. Wundern Sie sich nur nicht, wenn ich in Wien erscheine.</p>
<p>Ich habe leider vergeblich darauf gewartet. Als in Pflgers Ar chiv eine Arbeit erschien, wo seinem Namen ein Kreuz beigesetzt war, wollte ich nicht daran glauben, dass dies seinen Tod bedeutenun aber giebt es leider keinen Zweifel mehr.</p>
<p>Ich habe immer in Bewunderung zu diesem grossen, edlen und g tigen Menschen aufgeschaut und werde es immer tun. Sein ernstes gti ges Bild blickt auf meinen Schreibtisch herab und ich bin stolz auf die von seiner Hand stammende Widmung in wahrer Verehrung und Freund schaft. (XIII. 1929). Nichts liegt am Urteil der Menge; aber von solchen Mnnern geschtzt zu werden, ist der schnste Lohn.</p>